Implantation von Bandscheibenprothesen der Halswirbelsäule (HWS)

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An der Halswirbelsäule können degenerative Bandscheibenveränderungen zu einem Bandscheibenvorfall (Diskus-Prolaps) führen oder die Entwicklung von Verknöcherungen (Osteophyten) begünstigen. Beides kann zu Druck auf Nervenwurzeln und / oder Rückenmark führen mit den klinischen Zeichen des Nacken-/ Schulter-/ Armschmerzes.

Ziel ist nach erfolglosem konservativem Behandlungsversuch im Falle therapie-resistenter Beschwerden oder neurologischer Ausfälle über die komplette Entfernung der Bandscheibe eine Dekompression der Nervenstrukturen zu bewirken und zugleich die Funktion des degenerativ nicht wesentlich vorgeschädigten Wirbelsäulensegments zu erhalten.

Dies beinhaltet den Erhalt der Segmentmobilität, die Wiederherstellung der reduzierten Höhe des erkrankten Zwischenwirbelraums, die Entlastung der Wirbelgelenke und die Entlastung der Nervenwurzeln über eine Erweiterung der Nervenlöcher (Neuroforamina).

Der vordere Zugang zur Entfernung der Bandscheibe und des Sequesters gilt heute als «Gold-Standard» der operativen Versorgung von symptomatischen Bandscheibenvorfällen.

Als Zwischenwirbel-Platzhalter werden neben dem klassische Cage aus Titan oder Kunststoff auch Bandscheibenprothesen verwendet. Vorteil der Prothesen ist der Erhalt der Beweglichkeit im Segment und das verminderte Risiko einer Anschlussdegeneration der angrenzenden Wirbelkörper.

Die klassische Indikation besteht in konservativ therapieresistenten symptomatischen Bandscheibenvorfällen und entspricht im Prinzip der Indikation zur Fusion von vorne.

Wichtige Selektionskriterien sind ein Patientenalter unter 50 Jahren, eine erhaltene Restbandscheibenfachhöhe von min. 4mm, intakte hintere Wirbelsäulenstrukturen ohne Hinweise für eine Facettengelenks-Arthrose und eine erhaltene segmentale Beweglichkeit.

Gegen die Behandlung mittels Bandscheibenprothese sprechen:

Krankhafte Veränderungen des hinteren Wirbelsäulensegments wie

  • Arthrosen der Wirbelgelenke
  • langstreckig einengende Erkrankungen (Stenosen)
  • ausgedehnte Defekte nach Voroperationen
  • ausgedehnte Vernarbungen der Nervenwurzeln und neuropathische chronische Schmerzen
  • Wirbelbögendefekte, degenerativ oder angeboren (Spondylolisthese)
  • Osteoporose
  • Rheumatoide Arthritis und andere rheumatische Erkrankungen
  • Skoliose- oder Kyphose-Deformität
  • irreguläre Endplatten der Wirbelkörper
  • Frakturen, Tumoren, Infektionen

Voruntersuchungen

  • Körperliche neurologisch Untersuchung
  • Röntgen HWS in 2 Ebenen und seitliche Funktionsaufnahmen vornüber- und zurückgebeugt
  • ggf. Foramenaufnahmen der HWS
  • Kernspintomographie (MRI) der HWS
  • Im klinischen Verdachtsfall neurologische elektrophysiologische Untersuchungen zum Ausschluss eines peripheren Nervenkompressions-Syndroms, wie z.B. in der Beugefurche des Handgelenks (Nervus medianus) oder an der Innenseite des Ellbogens (N. ulnaris)

Operative Vorgehensweise

Der Zugang entspricht dem standardgemässen Vorgehen bei der vorderen Dekompression und Fusion der Halswirbelsäule. Die Ausräumung und Dekompression der hinteren Bandscheibenanteile erfolgen zur sichtbaren Dekompression des Duralsacks, der Neuroforamen und Nervenwurzeln nach Resektion des hinteren Längsbands unter mikroskopischer Kontrolle.

Die Ergebnisse der Operation sind gut bis sehr gut; einer vollständige oder zumindest deutliche Reduktion der vor Operation bestandenen Nacken- und/oder Armschmerzen ist bei > 90% der Patienten zu erwarten. Sofern neurologische Ausfälle bestanden haben können diese sich langfristig zurück bilden. 

Die Häufigkeit von Komplikationen entspricht der von "konventionellen" Fusionsoperationen. Die meisten sind hierbei zugangs- und nicht implantatbedingt. Spezifische prothesenbedingte Komplikationen umfassen:

  • Eine Verschiebung der Prothese
  • Einbruch der Wirbelkörper-Deckplatten
  • Kyphose-Fehlstellung
  • Verknöcherung um die Prothese mit Verlust der Beweglichkeit im längeren Verlauf

Die operative Revision einer HWS-Diskusprothese ist im Unterschied zur Lendenwirbelsäule deutlich einfacher, sicherer und komplikationsärmer, was einen grossen Vorteil im Hinblick auf potentielle Langzeitkomplikationen bedeutet.

Entscheidend für das gute klinische Ergebnis nach Prothesenimplantation sind hauptsächlich 3 Faktoren:

  • akkurate Diagnostik präoperativ
  • strikte Selektion
  • genaue mikrochirurgische Dekompression und Vorbereitung, sowie die exakte Positionierung der Prothese